«Wie ein Schwamm sogen die Kinder und Jugendlichen alles auf, was wir ihnen zeigten und sagten» (Tuff Kid)
Die Anfrage mit «Dancers for the World» nach Lesbos zu fliegen und mit den Kindern und Jugendlichen des Flüchtlingslagers Moria tänzerisch zu arbeiten, kam für Coskun Erdogandan alias Tuff Kid unerwartet. Lange Zeit schob er die Entscheidung vor sich hin. Er hatte viele offene Fragen, welche er jedoch in einem Gespräch mit der Leiterin von «Dancers for the World», Catherine Habasque, weitgehend klären konnte.
Somit begab er sich an einem Donnerstagmorgen auf eine Reise, bei welcher er nicht wusste, was geschehen wird und wie sie ihn als Persönlichkeit bewegen wird. Zusammen mit Catherine Habasque, Leiterin und Balletttänzerin, Bettina Castaño, Flamencotänzerin, Alexander Hartmann, Logistik und einem Team des SRF, stieg Tuff Kid in das Flugzeug Richtung Griechenland.
Im Community Center, in welchem sich Schulungsräume und Sportsäle befinden, wurden die Workshops abgehalten. Diese starteten am zweiten Tag ihres Aufenthaltes auf Lesbos. Die Kinder und Jugendlichen fanden durch die Sprache, die sie auf der Durchreise durch die Türkei erlernten, schnell eine Verbindung zu Tuff Kid. Sie erzählten ihm auf Türkisch ihre Geschichte oder zeigten ihm Bilder und Videomaterial von ihrer Flucht.
SRF-Reportage, 12. Mai 2019, 19.20 Uhr, Sendung Miteinander auf SRF 1
Im Camp Moria leben 7000 Menschen auf kleinstem Raum zusammen, einige in Zelten, andere haben sich eine Wellblechhütte gebaut. Pro Tag haben sie 2 Stunden Strom und erhalten eine Mahlzeit. Eine gewisse Spannung ist spürbar, das merkte auch das Team von «Dancers for the World» bei einem kurzen Besuch im Camp selber. «Die Leute in diesem Camp haben viel durchgemacht, haben ihr Hab und Gut zurückgelassen. Sie sind verletzt und verletzlich», so Tuff Kid, nach seiner Rückkehr in die Schweiz. «Trotz allem sind sie zufrieden, gelassen und höchst dankbar.» Die grosse Armut und die geringen Infrastrukturen, welche ihnen zur Verfügung gestellt werden, liessen die Flüchtlinge kreativ werden, wodurch sie sich weitgehend selbständig organisiert haben. Während seines Aufenthaltes fragte sich Tuff Kid mehrere Male, was er hier bewirken kann. Er fühlte sich hilflos. Doch er wusste, dass er den Kindern und Jugendlichen einen Moment der Normalität geben kann. Ihnen etwas beizubringen, Zeit mit ihnen zu verbringen und mit ihnen zu lachen; das konnte er ihnen geben.
Somit trainierten und tanzten sie mit den Kindern und Jugendlichen täglich vier bis fünf Stunden. Sie assen auch mit den Flüchtlingen, wodurch ihnen ein weiteres Mal bewusst wurde, wie stark der Wille und der Wissenshunger dieser jungen Leute ist. Mit nur sehr wenigen Nährstoffen, brachten sie eine gewaltige Energie mit in die Tanzlektionen und wollten alles lernen und erfahren. Sie zeigten Faszination und Begeisterung an der Bewegung und am Tanz. «Wie ein Schwamm sogen die Kinder und Jugendlichen alles auf, was wir ihnen zeigten und sagten», erzählt Tuff Kid.